„Das rote Buch war nur Maos Tweetsammlung“ – @garamsalami

Leben mit Covid – Eine Gesellschaft gibt auf

Posted: März 30th, 2022 | Author: | Filed under: Essay, Politik | Tags: , , , , , , , , , , , | No Comments »

Warum sind wir so cool damit, dass die deutsche Regierung bei den bisher höchsten Infektionszahlen alle Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung beendet? Und warum macht mich das so fertig?

Content Notes: Pandemie, Krankheit, Tod, Alkohol, Drogen, Einsamkeit, Selbstschädigung, intellektualisiertes Selbstmitleid
Lesezeit: ~5 Minuten

Revolutionäre Analyse und Theorie lebt von dem Verständnis, dass Menschen ihre Entscheidungen anhand ihrer materiellen Umstände statt unveränderbarer Werte und Instinkte treffen. Umstände und Werte müssen adressiert und verändert werden, um Menschen und ihre Entscheidungen zu ändern. Wie alle Menschen, die auf eine Revolution hinarbeiten, erwische ich mich immer wieder beim nihilistischen Resignieren und der Hingabe zum Glauben, dass wir alle verloren seien. Diese temporäre Selbstaufgabe meiner revolutionären Ansprüche und Ideen ist ein Spiegel der Selbstaufgabe, die ich angesichts der Pandemie gerade in der kompletten Gesellschaft beobachte: Ungeachtet unberechenbarer gesundheitlicher Folgen für sich selbst und ihr Umfeld gehen Leute bei den bisher höchsten Infektionszahlen der Pandemie als Ausgleich zur Lohnarbeit am Wochenende dicht gedrängt und schwitzend ohne Hygienemaßnahmen feiern, als würden wir uns nicht mehr mit einem hochansteckenden und potentiell tödlichen Virus mit unabsehbaren Langzeitfolgen anatmen, gegen das Menschen kaum bis keine anhaltende Immunität aufbauen. Meine sozialen Medien sind wieder gefüllt mit Werbung für Events, zu denen ich von Freund*innen eingeladen werde, welche ich eigentlich für vernünftig halte.

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Weinende weiße cis Männer: Weltschmerz vs Unterdrückung

Posted: September 29th, 2021 | Author: | Filed under: Essay, Musik | Tags: , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , | No Comments »

Ausgerechnet weiße cis Männer schreiben die melancholischste Weltschmerzmusik. Wie hängen der Mangel an struktureller Unterdrückung und die erfolgreiche musikalische Verarbeitung ihres Leids zusammen?

Lesezeit: ~10 Minuten

Content Notes: Faschismus, Tod, Suizidalität, Autounfall, Patriarchat, Ausbeutung, White Supremacy, Missbrauch, Rechtsterror, Amoklauf, psychische Krankheit, Kriminalität, Drogen, Mord

Erwähnte Medien: The Smiths, Lil Peep, Asking Alexandria, Morrissey, Romeo und Julia, Die Leiden des jungen Werther, Brotha Lynch Hung, Blumfeld, Hanybal

Ob Postpunk, Cloud Rap oder Metalcore, ob The Smiths, Lil Peep oder Asking Alexandria, die melancholischste, weltschmerzgetränkteste Musik aller Genres scheint von weißen cis Männern gemacht. Sie wirken alternativ und wie intelligente, reflektierte Denker, entsprechen imperialistischen Schönheitsidealen vom dünnen, gepflegten Mann und präsentieren eine im Patriarchat untypische Verletzlichkeit. Während dies auf den ersten Blick beinahe wie eine fortschrittliche Entwicklung wirken kann, outen sich gerade diese „verletzlichen“ Künstler im schlimmsten Fall wie etwa The Smiths‘ Morrissey durch Faschismus als reaktionäre Macker ohne die Empathie, die man durch ihre Musik erwarten würde; im weniger schlimmen Fall mindestens als pathetische Paternalisten. Warum scheinen die meisten Vertreter des fatalistischen, ungelenkten Weltschmerzes in der Musik eben diese weißen cis Männer zu sein, und warum setzen sich BIPOC cis Männer in ihrer Musik anders mit dem Schmerz ihrer strukturellen Unterdrückung auseinander, obwohl sie unter der selben toxischen Männlichkeit operieren sollten?

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