„Das rote Buch war nur Maos Tweetsammlung“ – @garamsalami

Das Trolley-Problem: Eine antiimperialistische Kritik (unironisch)

Posted: November 9th, 2021 | Author: | Filed under: Essay, Politik | Tags: , , , , , , | No Comments »

Nur eine im Kern imperialistische Gesellschaft kann sich das Trolley-Problem überhaupt ausgedacht haben. Jede westliche Ethik rechtfertigt imperialistische Menschheitsverbrechen.

Lesezeit: 5 Minuten

Das Trolley-Problem ist eine Serie von ethischen Dilemmas aus den 60ern (und in unserer Zeit ein Meme), die moralische Entscheidungsfindung untersuchen sollen.

Eine Straßenbahn ist außer Kontrolle geraten und droht, fünf Personen zu überrollen. Durch Umstellen einer Weiche kann die Straßenbahn auf ein anderes Gleis umgeleitet werden. Unglücklicherweise befindet sich dort eine weitere Person. Darf (durch Umlegen der Weiche) der Tod einer Person in Kauf genommen werden, um das Leben von fünf Personen zu retten?

-Phillipa Foot, 1967

In Variationen sind die Menschen festgebunden, um Fragen zum Warnen oder Ausweichen der Menschen auf dem Gleis überflüssig zu machen, oder statt des Umlegens eines Hebels soll ein “fetter Mann” auf das Gleis geschubst werden, um die Straßenbahn zu stoppen. Das Trolley-Problem in seiner heutigen Form wurde zuerst 1967 von Phillipa Foot beschrieben, einer Begründerin der modernen Tugendethik, die sich auf Aristoteles beruft, die möglichen Antworten auf das Dilemma beziehen sich jedoch oft auf Ethik, die lange vor 1967 ausgearbeitet wurde.

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Squid Game: Mehr als nur „Kapitalismus = schlecht“

Posted: Oktober 10th, 2021 | Author: | Filed under: Essay, Serien | Tags: , , , , , , , , , , , , , , | No Comments »

Die allgemeine Kapitalismuskritik in Squid Game ist offensichtlich und flach, doch das Verkaufen des eigenen Körpers für Geld ist nicht das zentrale Spannungsfeld der Handlung.

Lesezeit: ~8 Minuten

Content Notes: Massenmord, Flucht, Armut, Obdachlosigkeit, Hunger, Ableismus, Entmenschlichung

Spoiler Warning: Squid Game

Ich werde in dieser Rezension ungefiltert Schlüsselereignisse aus der kompletten Laufzeit der Serie behandeln, ohne gesondert Spoilerwarnungen im Text auszusprechen. Dieser Text richtet sich an Leute, welche die Serie entweder gesehen haben oder nicht daran interessiert sind, sie zu schauen.

Zum Ende hin werde ich auch echt existenziell und düster, also schaut euch die CNs nochmal genauer an und nehmt sie ernst bevor ihr euch entscheidet zu lesen.

Durch den Hype und die zahlreichen Memes ist es beinahe unmöglich Spoiler zu Squid Game zu vermeiden, auch wenn diese mir ein falsches Bild der Serie vermittelt haben. Die wenigen Screenshots und Memeformate, die sich um gleichgekleidete, nummerierte Wettbewerbsteilnehmer*innen einer scheinbaren Gameshow drehen, erwecken eher die Erwartungen eines morbiden Takeshi‘s Castle als der emotionale Leberhaken, den die Serie für mich (auch aus privaten Gründen) dargestellt hat. Bereits vor dem Sehen wusste ich, dass die Serie eine Kapitalismusallegorie darstellt, in der verzweifelte Menschen ihren Körper unter Lebensgefahr für die Chance eines Klassenaufstiegs (und das Entertainment reicher Strippenzieher) verkaufen.

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Kellogg’s-Gate: Die CIA lehnt sich zurück

Posted: Oktober 9th, 2021 | Author: | Filed under: Essay, Politik | Tags: , , , , , , , , , | No Comments »

US-Angestellte des Cerealien-Giganten Kellogg’s streiken. Mehrere wortgleiche Tweets, die einen solidarischen Boykottaufruf für ableistisch erklären, spalten wieder mal die US-Linke in einem epischen Shitstorm. Die CIA lehnt sich tatenlos zurück.

Lesezeit: ~7 Minuten

Content Notes: Ableismus

hi, someone with heavy food sensory issues here! frosted mini-wheats are one of the only things I can actually consume regularly and not get sick from. guilting people who can’t support boycotts is ableist as fuck but y’all aren’t ready for that conversation.

Am Mittwoch, dem 06. Oktober 2021, ruft ein Twitteraccount zu einem solidarischen Boykott mit den Streikenden Kellogg’s Angestellten auf. Wenige Stunden später gehen mehrere identische Tweets von verschiedenen Accounts viral, die den Druck zur Teilnahme an einem Boykott für ableistisch erklären, da Menschen mit sensorischen Verarbeitungsschwierigkeiten auf spezifische Nahrungsmittel, in diesem Fall Kellogg’s Frostys, angewiesen sein können. Es ist umstritten und für mich nicht mehr nachvollziehbar, ob diese identischen Tweets einen echten Ursprungstweet parodieren, oder als gezielte Desinformationskampagne gegen den Boykott gesetzt wurden (oder beides).

Innerhalb kürzester Zeit reichten Gegenpositionen von Belustigung über übliche Verurteilung von Identitätspolitik bis hin zu konkreten Vorwürfen der Entsolidarisierung oder sogar gezieltem Streikbrechen. Für mich war dieses Thema am 6. Oktober dann bereits wieder abgehakt, bis ich 3 Tage später immer noch hitzige Debattenthreads dazu in die Timeline gespült bekommen habe, die sich in einem ewigen Zyklus aus Identitätspolitikvorwürfen und Ableismusgegenvorwürfen drehen. Meine These: Ihr habt alle Unrecht.

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Weinende weiße cis Männer: Weltschmerz vs Unterdrückung

Posted: September 29th, 2021 | Author: | Filed under: Essay, Musik | Tags: , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , | No Comments »

Ausgerechnet weiße cis Männer schreiben die melancholischste Weltschmerzmusik. Wie hängen der Mangel an struktureller Unterdrückung und die erfolgreiche musikalische Verarbeitung ihres Leids zusammen?

Lesezeit: ~10 Minuten

Content Notes: Faschismus, Tod, Suizidalität, Autounfall, Patriarchat, Ausbeutung, White Supremacy, Missbrauch, Rechtsterror, Amoklauf, psychische Krankheit, Kriminalität, Drogen, Mord

Erwähnte Medien: The Smiths, Lil Peep, Asking Alexandria, Morrissey, Romeo und Julia, Die Leiden des jungen Werther, Brotha Lynch Hung, Blumfeld, Hanybal

Ob Postpunk, Cloud Rap oder Metalcore, ob The Smiths, Lil Peep oder Asking Alexandria, die melancholischste, weltschmerzgetränkteste Musik aller Genres scheint von weißen cis Männern gemacht. Sie wirken alternativ und wie intelligente, reflektierte Denker, entsprechen imperialistischen Schönheitsidealen vom dünnen, gepflegten Mann und präsentieren eine im Patriarchat untypische Verletzlichkeit. Während dies auf den ersten Blick beinahe wie eine fortschrittliche Entwicklung wirken kann, outen sich gerade diese „verletzlichen“ Künstler im schlimmsten Fall wie etwa The Smiths‘ Morrissey durch Faschismus als reaktionäre Macker ohne die Empathie, die man durch ihre Musik erwarten würde; im weniger schlimmen Fall mindestens als pathetische Paternalisten. Warum scheinen die meisten Vertreter des fatalistischen, ungelenkten Weltschmerzes in der Musik eben diese weißen cis Männer zu sein, und warum setzen sich BIPOC cis Männer in ihrer Musik anders mit dem Schmerz ihrer strukturellen Unterdrückung auseinander, obwohl sie unter der selben toxischen Männlichkeit operieren sollten?

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The Long Dark: Wann endet Kapitalismus?

Posted: September 18th, 2021 | Author: | Filed under: Essay, Videospiele | Tags: , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , | No Comments »

Medien sind voll mit Weltuntergangsszenarien, aber wie interagieren echter Kapitalismus und fiktive Apokalypse? Eine Reflexion im virtuellen Norden Kanadas.

Lesezeit: ~12 Minuten

Content Notes: Weltuntergang, Unfruchtbarkeit, Klimawandel, Finanzkrise, (Atom-)Krieg, Suizid

Erwähnte Medien: The Long Dark, Children Of Men, Capitalist Realism, ArmA 2, DayZ, Fallout, Fallout: New Vegas, Enderal, The Elder Scrolls V: Skyrim, Afropessimism, The Walking Dead

Spoiler: Ein optionales Ende von Deus Ex (2001), Gameplay und Schauplätze aus The Long Dark ohne Storykontext

“Es ist leichter sich das Ende der Welt als das Ende des Kapitalismus vorzustellen”. Mark Fisher analysiert im so benannten Kapitel seines Buches Capitalist Realism die Apokalypse des 2006 erschienenen Films Children of Men, einem Zukunftsszenario, in dem keine Kinder mehr geboren werden können. Statt eines plötzlichen Events, das die Menschheit in ihrer Ganzheit auslöscht, wird die letzte Generation still und leise verkümmern. Das Ende der Welt (oder unserer Wahrnehmung davon) naht, doch selbst in einer Welt ohne Nachwuchs, wo das Überleben unserer Spezies keine Rolle mehr spielt, geht es Kapitalismus gut. Der Staat verteidigt mit der Gewalt von Polizei und Armee das Eigentum monopolistischer Firmen, während ohne jeden Lebenssinn über den Verbleib des eigenen Atems hinaus in Coffeeshops konsumiert wird.

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[Repost 2019] Gedanken, die sich Weiße nach den Landtagswahlen nicht machen müssen

Posted: September 18th, 2021 | Author: | Filed under: Essay, Politik | Tags: , , , , , , | No Comments »

Die Bildung einer rechten Bundesregierung scheint realistischer denn je. Für BIPoC in Deutschland ist das eine existentielle Bedrohung.

Lesezeit: ~3 Minuten

Content Notes: Faschismus, Rechte Terroranschläge, Abschiebung, Völkermord

[Diesen Text habe ich 2019 nach den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen für die Süddeutsche Zeitung geschrieben. Die zuständige Redakteurin hat sich zur Veröffentlichung mehr Offenlegung meiner individuellen Rassismuserfahrungen gewünscht, was ich als unvereinbar mit der strukturellen Kritik des Textes betrachte. Eine weitere Zusammenarbeit zwischen der Süddeutschen Zeitung und mir gab es nicht.

Während ich heute, fast exakt 2 Jahre später meinen flehenden Appell an weiße Menschen und den Mangel eines Durchschauens bürgerlicher Faschismusnähe für naiv halte, behält der Text als Dokument der emotionalen Auswirkung von Wahlergebnissen, gerade so kurz vor der Bundestagswahl 2021, seine Relevanz.]

Am 1. September 2019 fanden in Brandenburg und Sachsen, zwei Bundesländern mit einem Ruf der politisch rechten Radikalität und wirtschaftlicher Rückständigkeit, Landtagswahlen statt. Während CDU und SPD in beiden Wahlen unterschiedlich abschnitten, sind 2 Parallelen aus den Ergebnissen ersichtlich: Etwa ein Viertel der Wähler stimmte für die rechtsradikale Partei AfD, während nur knapp unter 20% für links ausgerichtete Parteien ihr Kreuz machten.
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